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45 – und kein Stück weiser

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Gestern war mein Geburtstag. Endlich 45 Jahre alt. Und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich wirklich Bock darauf: zum ersten Mal Geburtstag feiern, zum ersten Mal 45 sein, zum ersten Mal nicht still, sondern laut, zum ersten Mal glücklich, zum ersten Mal stolz, dass ich überhaupt hier bin.

Das klingt vielleicht banal, aber wer mich kennt, weiß: Geburtstage waren für mich immer nur ein Datum. Meine Mutter hat sie kaum beachtet, Wertschätzung war nie ein Thema. Feiern mit freunden? Die durften nie kommen. Wenn man das oft genug erlebt, hört man irgendwann auf, selbst etwas zu erwarten. Man nimmt diesen Tag wie ein Stück altes Brot, es ist da, aber ohne Geschmack.

Und ehrlich gesagt: Auch meine Art hat nicht gerade geholfen. Ich bin direkt, ich sage, was ich denke, ich spiele keine Spielchen. Viele Menschen wollen aber genau das: oberflächliche, kleine Bühnen, auf denen jeder jedem Komplimente zuschiebt. „Du bist toll, nein, du bist noch toller“ – und danach wird hinterrücks gelästert. So läuft das Spiel, und die meisten machen mit, weil es bequem ist. Ich habe nie dazugehört. Also blieben Freunde aus, Bekanntschaften bröckelten, und am Ende stand ich oft alleine da.

Doch dieses Jahr war anders. Ich habe vieles geändert, ich hab mich geändert. Ich habe wieder mit Sport angefangen. Früher habe ich es übertrieben, um stark auszusehen, um Respekt zu bekommen, für andere, für das nach außen. Heute mache ich’s für mich – Bewegung, Gesundheit, kein Schauspiel mehr. Ich will nicht glänzen, ich will leben. Gesund leben.

Und jeder, der mich kennt, weiß: Ich kann einfach nicht aus meiner Haut. Und genau deshalb habe ich mir für meinen Geburtstag ein Experiment erlaubt: Ich habe getan, was ich sonst verachte. Aufmerksamkeit gefordert. Instagram, TikTok, Storys – mehrfach am Tag. „Happy B Day for Me“ Klar, unübersehbar. Normalerweise verdrehe ich die Augen, wenn andere sowas posten, und denke mir: Wer sich selbst feiern muss, hat wohl sonst niemanden. Aber diesmal wollte ich es wissen. Was passiert, wenn ich es selbst mache? Muss man Menschen wirklich daran erinnern, dass man existiert?

Die Antwort war so ernüchternd wie ehrlich: Über 200 Menschen haben meine Story gesehen. Zehn haben reagiert. Zehn! Und drei, die sonst keine Hemmung haben, mich für ihre Probleme vollzuschreiben, anrufen oder Vollsabbeln, haben nicht mal ein „Alles Gute“ übriggehabt. Gesehen – und geschwiegen.

Und da frage ich mich: Was ist das für eine Gesellschaft? Menschen, die ständig nach Aufmerksamkeit schreien, die sich beklagen über „Verrohung“ und „fehlende Wertschätzung“ – aber selbst nicht einmal die zwei Sekunden investieren, um einem anderen etwas zurückzugeben. Es ist bezeichnend.

Ich habe daraus meine Konsequenz gezogen. Wer mich sieht und schweigt, von dem werde auch ich nichts mehr hören. Kein Gratulation, kein „Alles Gute“, keine Floskel. Nicht aus Trotz, sondern weil Schweigen mehr sagt als tausend falsche Worte.

Aber am Ende ist das nicht die Pointe. Die Pointe ist, dass ich trotzdem viel gewonnen habe. Denn dieser Geburtstag war nicht ihr Test – er war meiner. Und ich habe gesehen, dass ich endlich für mich selbst feiern kann. Ich habe es genossen und gelebt. Und ab jetzt ist jeden Tag Geburtstag.

45 Jahre. Kein Stück weiser, kein Stück leiser.

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