FreitagsnotizenGeschichten zwischen See und Sushi
- Maurice Ghaedi Bardehei

- 5. Sept.
- 2 Min. Lesezeit

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22/08/2025
Ich habe in dieser Woche 40 Seiten meines Buches weggeworfen und 70 neue geschrieben. Ein Handlungsstrang musste gehen, er hat die Geschichte nicht getragen. Dafür sind andere Figuren nach vorn gerückt, manche Nebendarsteller haben mehr Gewicht bekommen, einige eine neue Aufgabe. Die Geschichte hat dadurch Tiefe gewonnen, Schärfe, mehr Leben. Es war schmerzhaft, Seiten loszulassen, die ich Stunden, Tage lang geschrieben habe und gleichzeitig befreiend. Am Ende geht es genau darum, Qualität. Es geht darum, dass jede Seite passt.
Während ich schrieb, kam die Wut in mir hoch. Nicht über meine Texte, sondern über das, was da draußen passiert. Ich sehe Beiträge, wie E-Scooter mitten auf Gehwegen liegen, wie Leitlinien blockiert werden, wie Blinde und Menschen mit Einschränkungen durch Gedankenlosigkeit behindert werden. Das ist nicht nur Unachtsamkeit, das ist Dummheit. Und es ist Egoismus, ignorant. Würde es das eigene Kind, den eigenen Bruder, Schwester, die eigene Mutter treffen, keiner von diesen Leuten würde wollen, dass man sie so behandelt. Oder wäre es ihnen dann auch egal? Manchmal lässt es einen genau das vermuten. Denn im Alltag ist es ihnen egal. Ich habe dafür null Verständnis. Eine Gesellschaft ist nur so stark wie ihr schwächstes Mitglied. Wenn wir das nicht begreifen, sind wir nicht zivilisiert, sondern einfach immer noch im Mittelalter gefangen.
Vielleicht brauchte ich genau deshalb den See. Zwei Tage Auszeit. Kein Schreiben, kein Lesen, kein Arbeiten. Nur ich und meine Gedanken. Ich habe keine Antworten gefunden, aber wenigstens einen Moment Ruhe zwischen den Fragen. Und manchmal reicht das.
Und dann ist da Sushi und Chewapcheche – der Eltern-Podcast. Der Name klingt schräg, aber genau so soll er sein: nah, so wie man spricht, mitten aus dem Leben. Ich mache ihn nicht allein, sondern mit einer Frau, die mitten im Leben steht. Sie hat drei Kinder. Eine Tochter mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. Sie bringt Erfahrungen mit, die kein Ratgeber je aufschreiben könnte. Und genau darum geht es: Wir stellen uns Fragen, suchen Erklärungen, erzählen von unseren Ängsten und Erfahrungen, ohne den Anspruch darauf Pädagoge zu sein. Wir vergleichen pädagogische Konzepte und Hilfsmittel. Wir reden über Fehlentscheidungen und Fehlkäufe. Wir wollen zeigen, wie Elternschaft wirklich aussieht mit Chaos, Humor, Sorgen und Momenten, die tragen.
Zwischen Buchseiten, Wut auf Egoisten, Auszeit am See und neuen Projekten bleibt ein Gedanke hängen: Geschichten verbinden. Immer.



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